Rede von Dr. Helmut Orpel, Herausgeber der Zeitschrift ARTProfil,
zur Eröffnung der Ausstellung in der Galerie der Westerwald Bank in Hachenburg"Dynamische Abstraktionen" von Brigitte Struif
am 6. März 2005 (Auszug)

Brigitte Struifs Bilder beeindrucken durch ihre Farben und Formen, welche zwischen Abstraktion und Konkretion schweben. Sie sprechen vor allem durch den dynamischen Duktus und Gestus an.
Beim Gang durch die Ausstellung und beim Vergleich der einzelnen Bildwerke bemerkt man rasch das Changieren der Malerei zwischen abstrakten und figurativen Kompositionen. So finden wir vor allem zwei sehr ausdrucksstarke Figurenbilder mit den Werken "Liebespaar in Bodrum" und "Ascot Lady". Hierbei erweist sich die Sicherheit, die Brigitte Struif durch die Erfahrung auf dem Gebiet der Zeichnung erlangt hat. Die Zeichnung ist ein sicheres Terrain, auf dessen Basis sich der Bildraum in unendliche Tiefen erweitern lässt.

Im Zentrum des Schaffens steht das Wechselspiel zwischen Andeutung und Ausarbeitung eines malerischen Themas. Dar- aus entstehen Energieströme, die sich in den Raum hinein erweitern und die den Betrachter gefangen nehmen. Diese Art der Malerei ist als poetisch zu bezeichnen, denn parallel zur Dichtung haben wir es hier mit künstlerischen Universen zu tun, die aus der Alltagswelt herausführen. Wir sind gefordert, unsere Sinne zu schärfen und gewohnte Denk-, Seh- und Wahrnehmungsmechanismen hinter uns zu lassen.

Diese Nähe zur Poesie wird von Brigitte Struif nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass sie an mehreren ihrer Werke Texte von Dichtern angebracht hat, von Christian Jung zum Beispiel (Tränenregenlabyrinth) oder von dem bekannten Essayisten Hans Magnus Enzensberger (Das Nelkenfeld). Ihre Bilder sind keine Interpretationen dieser Gedichte, sondern vielmehr kongenial geschaffene Parallelkompositionen.

Der Malerin geht es im Wesentlichen um den Zustand unter der Oberfläche der Erscheinung. Ganz programmatisch und auch als Beleg dafür ist der Zyklus " Under The Surface".

Die Einbeziehung des Entstehungsprozesses in die Deutung der Bilder von Brigitte Struif ist sehr hilfreich und lässt Rückschlüsse auf den spontanen Charakter ihrer Motivwahl zu: Am Anfang des Malprozesses steht hier nicht die durchdachte Komposition. Sie macht keine Vorzeichnungen und nähert sich ihrem Thema in einem dialogischen Prozess, der zunächst von einem vagen Gedanken, einem Impuls oder einem Anstoß ausgeht. Im Laufe des Malaktes verdichtet sich durch die beschriebenen Über- arbeitungen der Bildinhalt immer weiter und erfährt dabei wesentliche Veränderungen. Formen werden aufgebrochen und so mit Energie auf- geladen.
Durch diesen Prozess entstehen vielfältige Überlagerungen, die auf interessante Art und Weise miteinander korrespondieren oder sich am Ende gar durchdringen. Spannung entsteht, die im fertigen Resultat kenntlich bleibt. Die klassische Zentralperspektive, aus der heraus wir gewohnt sind, Bilder zu deuten, ist dabei obsolet geworden.
Mehrere Blickwinkel können ineinander verwoben sein. Bei dem dafür charakteristischen Werk "Floral Energy" meint man sogar, eine geheimnisvolle Landschaft mit einem Flugzeug zu überfliegen und aus großer Höhe heraus die Besonderheiten dieser Landschaft wahrzunehmen. Hier entsteht Energie unmittelbar aus der Farbe heraus. Die Linien, die sich dabei als formgebend erweisen, werden im weiteren Verlauf des Malaktes gesprengt, weil sich die zeichnerische Komposition oft als zu eng herausstellt.
Mit "Universe Blue" und "Universe Purple" haben wir es mit Arbeiten zu tun, die beinahe ohne jegliche Form zurecht kommen und uns gleichsam zu den Urgründen führen, die vor der Form liegen - also unter der Oberfläche verborgen. Die Farbe strebt permanent über die ihr nur zeitweise gegebene Form hinaus und dehnt sich in den unbestimmten und unbe- grenzt erscheinenden Raum weiter aus.
Das vierteilige Werk "Atacama" ist ein Beispiel für die Inspiration der Landschaft. Die Atacama-Wüste in Chile ist eine der heißesten Wüsten dieser Erde. Hinzu kommt, dass hier die heiße Luft der Wüste mit den kalten, antarktischen Luftströmungen zusammentrifft. Wieder geht es hier also um unsichtbare Prozesse, die zu Bildern verarbeitet werden; es geht um Energieströme und Wärmeaustausch, wie er für diese Land- schaft charakteristisch ist.
Von besonders intensiver Farb- und somit energetischer Wirkung ist das Werk "Liaison". Das Zentrum ist nach links verschoben. Ich möchte speziell hierbei auf das Format verweisen, das auf materielle Art und Weise die Grenzen des Bildes definiert und der Malerei dadurch eine endgültige Form gibt. Letztendlich wird hier aber durch die Kraft der Farbe diese Einschränkung wieder gesprengt und wirkt über die Formatgrenze hinaus.

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